Reise nach Russland und in die Baltischen Staaten
Zum wiederholten Male hatte sich das Orchester der VG Kell am See zum Ziel gesetzt, eine Konzertreise durchzuführen. Nach Brasilien, wo man die Nachkommen ehemaliger deutscher Auswanderer mit heimatlicher Musik begeisterte, und Südafrika, wo u.a. in der geschichtsträchtigen Kirche „Regina Mundi“ im Township Soweto ein eindrucksvolles Konzert stattfand, wollte man nun eine ganz andere Kultur besuchen: Russland. Und hier vor allem Moskau und St. Petersburg. Städte, die für die Organisatoren und Teilnehmer noch immer etwas Geheimnisvolles darstellten. Auf der einen Seite die russische Hauptstadt mit dem Kreml, dem Gorki-Park und dem Roten Platz. Auf der anderen Seite St. Petersburg, die Zarengeschichten, feudale Schlösser und Museen.
Hinzu kam ein weiteres Ziel: das Baltikum. Nachdem sich die Europäische Union 2004 unter anderem auch um Estland, Lettland und Litauen erweitert hatte, sollte dieses Stück „neues“ Europa im Programm der Konzertreise nicht fehlen.
So stand die Planung der Konzertreise mit Besuchen Moskaus, St. Petersburgs und der baltischen Hauptstädte Tallin, Riga und Vilnius schnell fest.
Es begann mit einem euphorischen Start und Anfragen bei den Botschaften sowie der jeweiligen Goethe-Institute. Doch bald merkten die Organisatoren, dass die westlichen Vorstellungen von verbindlichen Gesprächen und Abmachungen nicht viel bedeuteten. Gänzlich andere Vorgehensweisen waren erforderlich, was schnell die Euphorie einbremste. Moskau war hier ein zeitintensiver und nervenaufreibender Punkt. Geduld ist hier das Zauberwort. Denn auch ein Besuch im Vorfeld war kein Garant für die Einhaltung von Zusagen der amtlichen Stellen.
Anders in den baltischen Staaten. Dort wurden uns nach anfänglich nur zögerlichen Antworten die Pforten durch diplomatische Interventionen eines CDU-Bundestagsabgeordneten unseres Wahlkreises weit geöffnet. In den Hauptstädten wurden die Konzerttermine schnell terminiert und in die Planung aufgenommen.
Mit einer Orchesterstärke von 50 Musikerinnen und Musikern und weiteren 90 Reiseinteressen startete die große Truppe dann vom 08. – 20. August 2005 gen Osten. Während das touristische Programm den Besuchern einen interessanten Einblick in die russische Kultur vermittelte, waren die Organisatoren durch den musikalischen Bereich sehr stark gefordert. Nur durch Improvisation gelang es dann doch, einen Konzertauftritt zu ermöglichen, was den ohnehin schon schweißtreibenden Temperaturen einiges aufsattelte. Begeisterte Zuhörer waren jedoch Entschädigung genug für das Orchester.
Einweiterer Ausgleich für die Strapazen war Moskau selbst. Eine imposante Stadt, die durch das riesige Hotel Rossija am Rande des Kremls, das Machtzentrum selbst mit seiner Kathedrale, den Rote Platz, die berühmte Metro und viele weitere Sehenswürdigkeiten, die alle ihre Erwähnung verdient hätten, zu glänzen versteht.
Doch verstand sich Orchester auf dieser Reise nicht nur als musikalischer Botschafter unseres Landes. Wie auf dem Foto unschwer zu erkennen ist, war die amtierende Ruwer-Weinkönigin Julia I. mit dabei und hatte viele Flaschen des guten Ruwerweins, der auf allen Stationen des Orchesters durch die Weinkönigin präsentiert wurde, im Gepäck.
Eine Attraktion war dann auch die Weitereise mit dem Nachtzug nach St. Petersburg. Warum sollte alles glatt laufen? Lange nach der Abfahrt des Nachtzuges aus dem Bahnhof in Moskau stellten die Organisatoren fest, dass ein junger Musiker nicht im Zug war. Doch dem Schock folgte die Erkenntnis – aber auch die Erleichterung –, dass die jungen Leute durch ihre Weltoffenheit aber auch Sprachkenntnisse durchaus in der Lage sind, sich weiterzuhelfen. Frisch und gut gelaunt – aber auch selbst sehr erleichtert – erschien er am nächsten Abend wohlauf im Hotel in St. Petersburg.
Eremitage, Puschkin-Museum, das Flair einer geschichtsträchtigen Stadt und Sehenswürdigkeiten, die viele Tage und Wochen Anwesenheit in der Stadt benötigt hätten, zeichnen das ehemalige Leningrad aus. Diese Eindrücke von Prunk und Macht aus der Vergangenheit und Geheimnisvollem um Rasputin sind Impressionen, die unvergessen bleiben.
Mit drei Bussen ging es dann den nächsten Zielen entgegen. Was alle schon bei der Einreise nach Moskau mit den Behörden und dem Zoll erleben durften, wiederholte sich dann bei der Ausreise nach Estland. Lachen und Lächeln verboten, so schien die Anweisung zu sein. Zeit haben und das Prozedere, das für westliches Verständnis schwer zu verstehen ist, hinnehmen.
Orchester der VG-Kell am See mit der Ruwerweinkönigin Julia I. auf dem roten Platz in Moskau.
Foto: Hans Muth
Doch war das Einzige was davon übrig blieb der Zeitfaktor.
Es erschien wie ein Zeitenwechsel, in Estland in neue europäische Dimensionen einzutauchen. Abgeschüttelte Schwerfälligkeit zeigte überall, dass man die Freiheiten zu Wachstum und Aufbau nutzen und in der EU ein guter Partner sein will. Ein Eindruck, der durchgehend im Baltikum zu finden war.
Ein musikalischer Höhepunkt der Reise stellte ein Konzert auf dem Marktplatz in der Hauptstadt Tallin dar. Organisiert vom dortigen Goethe-Institut war alles vorbereitet und eine große Menschenmenge genoss das Konzert bei strahlendem Wetter. Ebenso imposant wie die schön gestaltete Altstadt von Tallin waren auch der Domberg und die Sängerbühne sowie der Ostseehafen der alten Hansestadt, die früher den Namen Reval trug.
Quer durch das Land ging nun die Fahrt zur nächsten Station. Riga, die Hauptstadt von Lettland, überraschte ebenfalls durch die großzügig gestaltete Altstadt mit seinen gepflegten Anlagen und Kirchen. Bei strahlendem Sonnenschein lockte das Konzert auf dem altehrwürdigen Domplatz wieder viele Zuschauer an. Unter ihnen auch der Vertreter der deutschen Botschaft und Leiter des Goethe-Instituts von Riga mit weiteren Persönlichkeiten der Stadt. Natürlich ließ es sich die Organisationsleitung nicht nehmen, einer Einladung zum Dämmerschoppen im bekannten Konventhof nachzukommen. Im Verlauf der Gespräche erhielt das Orchester eine persönliche Einladung des deutschen Botschafters der Dominikanischen Republik, Herr Karl A. Köhler, bei der nächsten Konzertreise die Dominikanische Republimuk und Mexiko zu besuchen.
Eine Reise am Wochenende lohnt sich, diese Stadt auf einem Kurztrip zu besuchen. Keine 2 Stunden Flugzeit vom nahen Flugplatz Hahn lädt einfach dazu ein. Einige Interessierte nahmen inzwischen diese Gelegenheit wahr und es waren sicherlich nicht die Letzten.
Die letzte Station der Konzertreise führte nach Vilnius, der Hauptstadt von Litauen.
Orchester der VG Kell am See in Riga. Foto: Hans Muth
Auch hier erwartete das Orchester eine wunderschöne Altstadt mit vielen Sehenswürdigkeiten und den sichtlichen Bemühungen, die Stadt dem europäischen Flair näher zu bringen.
Hervorragend war die Organisation für das abendliche Konzert des Orchesters der VG Kell am See durch die „TRIMITAS“ und den Dirigenten des städtischen Orchesters Kasys Daugela. Wie überall im Baltikum war Freundlichkeit und großes Interesse zu spüren und sicherlich gewinnt Europa durch die Integration dieser drei Länder an Attraktivität. Was bisher so weit weg erschien, ist plötzlich ganz nah und ein Stück selbstverständlicher.
Zum Schluss der Reise stand dann noch ein letzter Höhepunkt auf dem Programm. Der Berg der Kreuze. Kein Berg im üblichen Sinne, sondern ein durch unzählig aufgestellte und zu Bündeln aufgehängte, teilweise beschriftete Kreuze entstandener Berg. Gläubige aus vielen Ländern versuchen hier ihre Anliegen in der Form des Kreuzes darzustellen. Litauen ist sehr stark geprägt durch den katholischen Glauben und so ist es nicht verwunderlich, dass auch der verstorbene Papst Johannes Paul II. diesen Berg der Kreuze besucht hatte.
Fazit der Konzertreise: Wie die Reisen in der Vergangenheit in die verschiedensten Länder der Welt hatte auch diese Reise natürlich ihren eigenen Charakter und ihren eigenen Reiz. Schauen wir mal, wie das Ziel heißt, wenn die Planungen für die nächste Konzertreise anlaufen.